Zum Stück
Vollmond – Ein Land jagt den Wolf
Von Markus Koschuh
Ein mysteriöser Pilzbefall rafft weltweit alle Baumwollplantagen hinweg,
Schafwolle wird zum heiß begehrten Rohstoff. An den Börsen wird ein Kilo
Schafswolle längst in Gold aufgewogen. Gewiefte Tiroler Bauern haben die
Entwicklung vorhergesehen und die Schafzucht in den letzten Jahren
massiv vorangetrieben. Das Geschäft mit der Schafswolle läuft dem
Tourismus schon fast den Rang ab – als immer mehr brutale Schafsrisse
Tirol in Angst und Schrecken versetzen und das Geschäft gefährden. Das
besonders Beängstigende: Laut DNA-Analysen ist es immer ein und
derselbe Wolf, der zuschlägt. Dabei legt der Wolf Tagesstrecken zurück,
die selbst eingefleischte Wolfsexperten staunen lassen. Die Angst vor
diesem Monsterwolf ist groß – größer ist nur die Wut über die Untätigkeit
der Verantwortlichen. Die Schafbauern beginnen sich zu organisieren,
Fackelmärsche finden statt. Der Monsterwolf soll getötet werden. Die
Regierenden stecken im Dilemma – und gehen den aus ihrer Sicht
sichersten Weg: Um rechtlich unangreifbar zu bleiben, wird weder eine
Abschussverordnung noch ein Abschussbescheid erlassen.
Nein: Ein Gewinnspiel soll es richten.
Jene Tiroler Gemeinde, die den Wolf nach dem nächsten Vollmond am
Tiroler Landhausplatz abliefert (Dead or not alive), bekommt 25 Millionen
Euro zur freien Verfügung. Diese Verlautbarung schlägt hohe Wellen und in
der Gemeinde Lammsdorf schlägt sie auch ein wie eine Bombe: Eine
Woche noch bleibt bis zum nächsten Vollmond. Man will es versuchen,
man muss es versuchen: Das arg sanierungsbedürftige Schwimmbad
musste vor Jahren wegen der klammen Gemeindefinanzen geschlossen
werden, im Dach des Musikpavillon wütet der Holzwurm, der Kindergarten
platzt aus allen Nähten, der überalterte Schilift wird wohl keine Konzession
mehr bekommen. Da kämen 25 Millionen Euro gerade recht…………..